Heiterkeit und Ehestreit

f_hw_kKritik der Braunschweiger Zeitung
vom 09. Dezember 2013
von Sybille Haberstumpf
zu „Halbe Wahrheiten„:

 

Liebe macht blind. Oder blöd. Oder beides. Zumindest bei Greg liegt der Fall so. Kaum vier Wochen ist er mit seiner Freundin Ginny zusammen – da macht er ihr auch schon einen Heiratsantrag.


Und das, obwohl ihn bei ihr so einiges stutzig machen müsste: Wer ruft da ständig an und legt wieder auf? Woher kommen die vielen Blumensträuße in Ginnys Wohnung – von denen Greg nur einen gekauft hat, und zwar den kleinsten? Von wem sind die Pralinen in der Schublade? Wer schickt immer diese Buchgeschenke? Und wem gehören bloß diese Herrenpantoffeln unter Ginnys Bett – in Größe 10, obwohl Greg doch nur Größe 8 trägt?

All dies stünde zur Debatte – doch Ginny muss ja dringend los! Die Eltern auf dem Lande freuen sich angeblich auf ihren Besuch… In Wahrheit aber will Ginny einen Schlussstrich unter die Affäre mit ihrem Chef, dem verheirateten Philip, ziehen. Vor allem will sie ihre Liebesbriefe von ihm zurückhaben… Greg ahnt das nicht.

Er beschließt kurzerhand, als Überraschungsgast ebenfalls bei Ginnys „Eltern“ aufzukreuzen, die er ja bis dato noch nie gesehen hat. Dummerweise verpasst Ginny ihren Zug – und Greg kommt vor ihr bei der Adresse der angeblichen Eltern an, einem noblen Landhaus in Buckinghamshire. Doch hier wohnen ja Philip und seine spießige Frau Sheila, die sich just beim Sonntagsfrühstück anöden! Das Chaos nimmt seinen Lauf…

Mit ihren rasanten Wendungen, Wortspielen und Dialogen der Marke „very british“ wurde die Verwechslungskomödie „Halbe Wahrheiten“ (im Original: „Relatively Speaking“) von Alan Ayckbourn einer der größten Hits des britischen Dramatikers. Zu sehen ist das Stück noch bis 25. Januar im Roten Saal – inszeniert von der Theatergruppe Fanferlüsch, die seit 1987 Amateurtheater in Braunschweig bietet. Und das vom Feinsten.

Unter der Regie von Carsten Krause sprühen die vier Darsteller in „Halbe Wahrheiten“ nur so vor britischem Humor – allen voran die urkomische Daniela Willke als schrill-distinguierte Sheila mit dunklen Geheimnissen.

Auch Bettine Schulz glänzt mimisch und sprachlich als immer verzweifelter werdende Ginny – herrlich skurril. Stark auch Christopher Duwenkamp als betrügender und betrogener Ehemann Philip und Wolfram Ludwig als naiver Greg, der den Kampf der Geschlechter moralisch noch am unbeschadetsten übersteht.

Ein Theaterabend mit Charme, ohne Längen – sehenswert.

 

veröffentlicht am von fanferluesch