Das Lieben des Anderen

Die bessere Hälfte

Die Emotionen kochen hoch in der Komödie „Die bessere Hälfte“ des Theaters Fanferlüsch mit (von links) Carsten Knust, Hester Hansen, Nicole Holzhauser, Bettine Schulz, Christopher Duwenkamp und Volker Wolf.

Kritik der Braunschweiger Zeitung
vom 26.01.2016
von Andreas Eberhardt
zum Stück „Die bessere Hälfte„:

Das Theater Fanferlüsch spielt im Roten Saal die Drei-Ehen-Komödie „Die bessere Hälfte“.

Außereheliche Affären, zumal im Kollegenkreis, sind kitzlige Angelegenheiten. Erst recht, wenn man zum Zwecke eines Alibis Unbeteiligte ins Spiel bringt. Nach Bobs Seitensprung mit Fiona, der Frau seines Chefs, entspinnt sich ein Such- und Verwirrspiel, das den Blick freigibt ins Innenleben dreier Ehen.

Die routinierten Braunschweiger Schauspielamateure vom Theater Fanferlüsch spielen Alan Ayckbournes Komödienklassiker „Die bessere Hälfte“ – noch bis zum 12. Februar freitags und samstags im Roten Saal.

Wie dünn das Eis ist, auf dem sich die Ehebrecher Fiona (Bettine Schulz) und Bob (Volker Wolf) bewegen, ist permanent sichtbar. Das kluge Bühnen- und Szenenkonzept macht es möglich. Handlungen an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten finden auf der Bühne zeitgleich statt. Wie zwei Filme, übereinander auf eine Leinwand projiziert.

Das klingt nach sinnlicher Überforderung. Ist es aber keineswegs. Die überlappende Erzähltechnik macht gerade den Reiz aus. Sie sorgt für Kontraste und Spannung, für Tempo und Komik. Etwa in der köstlichen Doppel- Dinnerszene.

Als Alibi für ihr Schäferstündchen hatten Bob und Fiona ihren Gatten nämlich aufgetischt, nächtliche Begegnungen mit William bzw. mit Mary Featherstone, entfernten Bekannten, hätten dazu geführt, dass man in fraglicher Nacht erst so spät nach Hause gekommen sei. Die Featherstones ahnen davon freilich nichts, als sie von den anderen beiden Paaren zum Abendessen eingeladen werden. Und nun sind sie – gleichzeitig gespielt – am Donnerstagabend zu Gast bei Fiona und ihrem Mann Frank, Williams Chef, und am Freitagabend bei Bob und Gattin Teresa.

Das hierin angelegte komische Potential schöpfen und kosten alle sechs Darsteller genüsslich aus. Vor allem die Featherstones alias Hester Hansen und Christopher Duwenkamp haben viel zu tun. Sie werden hin- und hergeworfen zwischen verkniffener Höflichkeit zu Haus beim Chef und Sich-Völlig- Fehl-am-Platze-Fühlen zwischen den Ehekrachfronten von Teresa und Bob. Als Teresas (Nicole Holzhauser) wütender Kochtopfwurf fehlgeht, durchnässt der suppige Inhalt den armen William. Schnitt – schon sind wir wieder auf der anderen Party, und die Gastgeber entschuldigen sich bei dem immer noch Triefnassen wegen der direkt über ihm befindlichen leckenden Toilette. Das Publikum johlt.

Dass sich das Platzen der Affäre immer wieder verzögert, liegt vor allem an den ehelichen Routinen. Carsten Knust, der auch Regie führt, spielt den geschäftigschusseligen Frank so schimmerlos, dass es kaum auszuhalten ist: Sein gutmütiges Stutzen, sein angestrengtes Nachdenken, sein Kopfkratzen. Immer wenn man meint, endlich falle der Groschen, präsentiert der Meisterverdränger neue naiv-abwegige Schlüsse. Die Ehe als Raum völliger Arglosigkeit – Franks Art, zu lieben?

Wie so oft trifft es der Originaltitel besser als der deutsche: „How the other half loves“ – also „Wie die andere Hälfte liebt“. Wo die deutsche Überschrift floskelhaft die Ehe ironisiert, stellt der Originaltitel die Frage, wie Paarbeziehungen (vielleicht auch nicht) funktionieren und was sie letztlich zusammenhält. Die mitunter absurden Antworten präpariert die Fanferlüsch-Inszenierung liebevoll heraus.

veröffentlicht am von fanferluesch